Hoffnung auf Frieden schaffen unter widrigen Umstä

Spendedirekt unterstützt lokale Basisorganisationen im globalen Süden. Unter anderem TIDE im Südsudan, die sich mit jungen Menschen für Frieden und Entwicklung einsetzen. Unser Vorstandsmitglied Matthias Herfeldt konnte die Organisation diesen Sommer besuchen und berichtet in diesem Newsletter davon.
 

Liebe Freunde und Unterstützerinnen von SpendeDirekt


Glaubt ihr noch, dass Frieden möglich ist auf der Welt? Ukraine und Israel/Palästina sind nur die bekanntesten Kriegsschauplätze, daneben gibt es eine Reihe von vergessenen Konflikten oder solchen, die die Weltöffentlichkeit schlicht nicht interessieren. Zum Beispiel im Sudan und im Südsudan, wo Gewalt und Armut seit langer Zeit die Menschen beuteln.
Vor Kurzem war ich im Südsudan (hatte die Gelegenheit, weil ich beruflich in Ostafrika war) – und bin nicht etwa resigniert zurückgekehrt. Sondern mit Hoffnung und mit viel Bewunderung für die positive Energie, die ich gespürt habe.

Unsere Partnerorganisation TIDE lässt sich nicht unterkriegen, auch wenn die Spannungen im Land mit den vielen Geflüchteten aus dem Sudan, dem grossen Nachbarn im Norden, steigen. Dadurch verdüstern sich auch die wirtschaftlichen Perspektiven zunehmend, wodurch die Arbeitsbedingungen von TIDE erheblich erschwert werden.

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TIDE arbeitet zu verschiedenen Themen mit jungen Menschen. Solchen, die in Schule oder Kirche (in vieler Hinsicht die einzige funktionierende Institution im Land) eine besondere Rolle (z.B. als Jugendgruppenleiter:in) innehaben. Diese jungen Erwachsenen können als Multiplikator:innen weitergeben, was sie lernen. Der 32-jährige Samse Sam, Gründer und Geschäftsführer von TIDE, erklärte mir den Ansatz wie folgt: «die Jungen sind die Zukunft, sie können das Land wieder aufbauen. Aber sie und wir alle im Südsudan erfahren täglich Rückschläge und Enttäuschungen. Ganz wichtig ist deshalb, dass wir einander bestärken». Deshalb veranstaltet TIDE Workshops, wo sich die Teilnehmenden austauschen und Selbstvertrauen gewinnen können. Sie stammen aus verschiedenen Ethnien. Diese hatten sich im Bürgerkrieg bekämpft. Hintergründe aufzuarbeiten, gegenseitiges Verständnis zu fördern und gewaltfreie Konfliktlösungsmöglichkeiten zu erlernen, ist deshalb die Basis von allem.
«Im Netzwerk von Jungen, das TIDE geschaffen hat, fühle ich mich wohl und kann mich als Person weiterentwickeln», erzählte mir Irene am Rand des Workshops, den ich während meines Aufenthalts besuchen konnte. Sie hat vor einigen Monaten begonnen, an ihrer Schule zu Frauenthemen zu sensibilisieren. Lehrpersonen engagieren sie, um in den Klassen über Menstruation und Gewalt an Frauen zu sprechen.
Gleichberechtigung ist ein grosses Anliegen, das in den regelmässigen Workshops von TIDE zur Sprache kommt. An diesen Veranstaltungen nehmen junge Frauen und Männer gleichermassen teil. Beeindruckt hat mich Elizabeth. Sie berichtete, wie sie sich in ihrem Heimatdorf für ein 13jähriges Mädchen engagiert hat, das viel zu früh verheiratet wurde. Als junge Frau hat sie sich bei den Dorfältesten (Männer!) dafür eingesetzt, dass das Mädchen wenigstens weiter die Schule besuchen kann, obwohl sie bereits Mutter geworden war. Schliesslich konnte eine Lösung gefunden werden – ein Erfolg, der weit über den Einzelfall hinauswirkt.
Ein anderes Beispiel betrifft das wirtschaftliche Auskommen. TIDE unterstützt die Jungen, ein kleines eigenes Business aufzubauen und bietet Kurse an in «Financial Literacy» (finanzielle Alphabetisierung). Osman berichtete am Workshop ganz stolz: «Vor Kurzem konnte ich mir mein eigens Motorrad kaufen, weil ich sparen und den geschickten Umgang mit Geld und etwas über Buchhaltung gelernt habe. Nun kann ich mehr verdienen und habe ein besseres Leben» - Taxi-Motorräder sind die einzige Möglichkeit, in der südsudanesischen Hauptstadt Juba von A nach B zu kommen.
Es hat mich beeindruckt zu sehen, dass die drei Mitarbeitenden und die Freiwilligen von TIDE nicht nur sich selber, sondern ihre Gemeinschaft, ihr Land voranbringen und besonders Benachteiligten in der Gesellschaft helfen wollen. Der Präsident von TIDE, Alex Moro, bei dem ich während meines Aufenthalts wohnen durfte, hat bei sich z.B. drei geflüchtete junge Mütter aus dem Sudan aufgenommen. Diese gelebte Solidarität hat mich berührt. Ich habe gespürt, dass die Motivation tief von innen kommt. Samse Sam, der Geschäftsführer von TIDE, der Entwicklungszusammenarbeit studiert hat und bei grossen ausländischen Organisationen für relativ gutes Geld arbeiten könnte, will bewusst Basisarbeit machen und auch nicht ins Ausland auswandern, obwohl er für Gastvorlesungen zur Friedensarbeit im Südsudan schon in den USA war. Neben seiner Arbeit für TIDE ist er auch als Musiker tätig, und beide Aktivitäten befruchten sich gegenseitig. Bereits als Jugendlicher hat er sich im Flüchtlingslager in Uganda, wo er als Waise aufgewachsen ist, mit anderen Musiker:innen von verschiedenen Ethnien für den Frieden im Südsudan engagiert (siehe Videoclip). Schliesslich hat er vor fünf Jahren TIDE gegründet. Die Organisation von Friedenskonzerten gehört weiterhin zur Mission unserer Partnerorganisation.
Wir danken dir für deine Unterstützung und dein Interesse an der Arbeit unserer engagierten Partnerorganisationen!
 
Matthias - und das ganze SpendeDirekt-Team
 
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Südsudan, der jüngste Staat der Welt

Der Südsudan erlangte am 9. Juli 2011 die Unabhängigkeit vom Sudan. Doch bereits 2013 kam es im neuen Staat wieder zu Bürgerkrieg, der fünf Jahre dauerte. Über vier Millionen Menschen, fast ein Drittel der Bevölkerung, musste fliehen - innerhalb des Landes oder in Nachbarstaaten (v.a. Uganda). Die Sicherheitslage ist weiterhin fragil, verschiedene (ethnische) Gruppierungen stehen sich feindlich gegenüber. Gewalt und der Klimawandel sind für die wiederkehrenden Hungersnöte verantwortlich. Der Südsudan ist eines der ärmsten Länder der Welt. Wegen des militärischen Machtkampfs im Nachbarstaat Sudan verschärft sich die prekäre Lage. Hunderttausende von Sudanes:innen sind seit dem Ausbruch des Konflikt im 2021 in den Süden geflohen.

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